AUSFLUGSZIELE

STAND: JANUAR 2024


GRAFRATH & AMPERSCHLUCHT


8. MAI 2020

Grafrath ist eine entzückende kleine Gemeinde mit etwa 3800 Einwohnern im Landkreis Fürs­ten­feld­bruck.

Am problemlosesten ist die Anfahrt mit der S-Bahn (S4). Denn da bekommt man keine Park­platz­pro­bleme. Vom Bahnhof nimmt man dann den Bus zur Kommunalverwaltung (zu Fuß wären es 1,7 km) und man ist bereits am Startpunkt der Wanderung.

Mit dem Auto erreicht man den Ort am einfachsten über die A96. Bei der Ausfahrt Inning am Ammersee  nimmt man die Bundesstraße B471 in Richtung Norden. Nach etwa 5 km ist man am Ziel. Man hat dann allerdings das Problem mit dem Parken. An Sommerwochenenden kommen die Besucher in Scharen. Ab Mitte Juli endet die na­tur­schutz­be­dingte Sperrung der Amper für Bootsfahrer. Fast alle Bootsbesatzungen parken ein Auto am Ein­stiegspunkt. Rasch ist der Parkplatz am Bahnhof durch andere Tagestouristen zugeparkt und alle Ne­ben­straßen ebenso.

Unter der Woche (und vor Mitte Juli) ist die Si­tua­tion entspannter. Man kann versuchen in den Ne­ben­straßen zu parken. Wanderern werden auf jeden Fall dringend die Vor- und Nachsaison empfohlen. Frühling und Herbst ist die Land­schaft ent­lang der Amper sowieso von besonderer Schönheit.

Ab Grafrath in Richtung Norden bildet die Amper für mehrere Kilometer einen wildromantischen Tal­ein­schnitt durch eine sanfte Hügellandschaft.


ZUR ÜBERSICHTSKARTE


An der Graf-Rasso-Säule im Kreisverkehr (bzw. di­rekt an der Brücke über die Amper) beginnt un­ser Spa­zier­gang. Vor den Augen eine gelbgespränkelte Frühlingsblumenwiese und die Pfarrkirche Mariä Him­mel­fahrt. Ein herrlicher Anblick! Der schmale St-Ulrich-Weg führt parallel zur Amper.

Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt

Schlagartig löst sich jede Hektik in Luft auf und man taucht ein in eine naturbelassene Flusslandschaft. Nach wenigen hundert Metern kommen wir zur ma­lerischen Holzbrücke, dem Ampersteg, und über­queren den Fluss. Von hier aus nehmen wir nicht die parallel zum Fluss führende Amperstraße, son­dern gehen die Kirchstraße und die Adal­munt­straße entlang, um zunächst nach Un­ter­hal­ting  zu ge­lan­gen, einem Ortsteil von Grafrath.

Der Ampersteg

Rechts von der Straße liegt die im Jahr 1674 neu errichtete St. Mauritiuskirche. HINWEIS: Im Fried­hof findet man das Grab der Eltern des Kom­po­nis­ten Carl Orff, die mit ihrem berühmten Sohn re­gel­mä­ßig in Unteralting zur Sommerfrische waren.

St. Mauritius Kirche in Unteralting

Nur wenige hundert Meter vom Ortsende von Un­teralting  entfernt findet sich ein ungewöhnliches Geo­top, das 20 Meter tiefe „ToteislochTiefes Tal. Es ist als Naturdenkmal ausgewiesen und Be­stand­teil des Land­schafts­schutz­gebietes Obere Amper. Toteislöcher  sind eine typische Erscheinung für Gegenden, an denen früher Gletscherzungen en­de­ten.



Vor etwa 20.000 Jahren, in der Würm-Eiszeit, en­de­ten die Gletscher in dieser Region. Ein Teil des Am­mer­see­gletschers  wurde damals durch Ge­schie­be vom abfließenden Haupt­gletscher ge­trennt und mit Ge­röll über­deckt. So hielt sich da­run­ter das „tote“ Eis noch länger als der Hauptgletscher. Als es später auch schmolz und das Wasser im Boden ver­si­cker­te, blieb in der Land­schaft die große, kes­sel­för­mige Vertiefung, das Toteisloch  zurück.

Das „Tiefe Tal“

Das Tiefe Tal  genannte Toteisloch  ist eigentlich we­niger ein Tal, als vielmehr ein ringsum ge­schlos­se­ner Tal­kessel mit einem Durchmesser von etwa 200 Metern. Das Tiefes Tal wird im Winter gerne als Rodel­berg ge­nutzt.

Tief im Wald

Weiter geht es über einen Wiesenweg hin zu den Sportanlagen, dann über die Hauptstraße hinein in den Wald. Gleich am Anfang des Weges ist ein Hin­weisschild zu einem Gräberfeld. Es ist eines von vie­len bekannten Bo­dendenkmälern rund um die Ge­mein­de. Wir marschieren aber munter weiter, denn unser eigentliche Ziel ist die Amperschlucht.

Der Weg zur Amper verläuft eine kurze Zeit in einem lichten Wald, dann öffnet sich die Landschaft und es geht einen schmalen Hang hinab zur Amper zu ei­ner wun­derschönen Streuwiese am Flussufer. Dort hat sich eine junge Familie um ein kleines Zelt breit gemacht und genießt die laue Spät­nach­mit­tagsluft.

Idylle am Fluss

Vom westlichen Rand der Wiese folgen wir jetzt dem Pfad in Richtung Amperschlucht, der auch zurück nach Grafrath führt. In einem wun­der­schönen Laubwald am Hang ver­lau­fend, ist die­ser Abschnitt der Höhepunkt un­se­rer Wan­derung. Dunkel ist der Wald. Weiter unten sieht man die Amper glitzern.

Am oberen Waldrand kommen wir zu den von mir angepeilten „Totenbrettern“. Als solche werden Holzbretter bezeichnet, auf denen Tote bis zum Begräbnis aufgebahrt wurden und die später zur Erinnerung an den Verstorbenen neben Bäumen, an Kapellen oder Wegkreuzungen aufgestellt wurden. Diese Tadition, die in früheren Zeiten im Ba­ye­ri­schen Wald weit verbreitet war, ist längst aus­ge­stor­ben, dennoch hatte ich vor längerer Zei das Glück gehabt, sie gewissermaßen noch „real“ zu erleben.

Im kleinen Ort St. Thoma  im Böh­mer­wald  hatte ich in den 90-er Jahren die Bekanntschaft mit Peter Ziegrosser  gemacht, einem älteren Herrn, der zur Zeit des kommunistischen Regimes in der Tsche­cho­slowakei als politisch Unliebsamer in das kleine Dorf im „Niemandsland“ verbannt worden war.

Ziegrosser zeigte mir damals voller Stolz zwei an seine Haustür gelehnte und mit geheimnisvollen Symbolen beschnitzte Totenbretter, die er für sich und seine Frau eigenhändig angefertigt hatte.

Es ist bereits später Nachmittag. Die Sonne steht tief, ihre Lichtstrahlen ziehen eine Schneise zwi­schen den dunklen Silhouetten der Bäume und ver­lei­hen dem Wald einen fast mysthischen Cha­rak­ter. Einzelne direkt angestrahlte Bäume wirken fast gespenstisch und bedrohlich. Sie stechen mit ihren kräftigen Farben aus der Dunkelheit hervor, als möchten sie unbedingt „gesehen werden“!

Es ist erstaunlich, wie sich eine Landschaft oder ein Wald abhängig vom Licht verändern kann. In den Abend­stunden werden die Farben intensiver, die Kontraste stärker, Licht und Schatten erzeugen ab­strakte Muster, die sich mit jedem Schritt ver­än­dern. Dabei werden die Gedanken kon­zen­trier­ter und die Fantasie kann sich ihre eigenen Er­zäh­lun­gen schaffen.

Unser Weg geht weiter in der Am­per­schlucht, ei­nem dichtbewaldeten, in den Hang ein­ge­schnit­te­nen Gelände, hinab zum Fluss, der an dieser Stelle etwas schmäler ist. Die Wege sind recht schmal und stellenweise steil. Man darf sich von der Amper­schlucht  (im Gegensatz zur be­rühm­te­ren Am­mer­schlucht) keinen Canyon er­war­ten, sondern ein sehr grünes Tal mit ganz viel Natur. Die Schlucht ist mit Feuchtwiesen, Misch­wald und einer nahezu un­ver­bau­ten Amper  noch recht ur­sprüng­lich und steht entsprechend unter Naturschutz.

Wohnidylle an der Amper

An der Kläranlage raschen Schrittes vorbei­mar­schiert kommen wir wieder in den Ort, der im klaren Abendlicht noch schöner und gemütlicher erscheint als auf dem Hinweg. Wohnen direkt am Fluss, das stelle ich mir – mit Ausnahme vielleicht jener heißen Tage, wenn die Mücken kommen – herrlich vor.

Die St-Rasso-Kirche

Bei der Wallfahrtkirche Grafrath (1688 und 1695 erbaut) sind wir am Ziel. Die Kirche verdankt ihre Entstehung der Gestalt „Graf Rath“ bzw. „Graf Rasso“, der auf dem Areal ein Kloster gegründet hatte und dort auch seine letzte Ruhestätte fand. Sie war jahrhundertelang Ziel einer bedeutenden Wallfahrt.


BUCHTIPP:
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